22. Januar 2025

Steidle setzt auf Azubis aus Indien

Artikel in der Schwäbischen Zeitung vom 22.01.2025 von Yannick Rehfuß
Anm.: im Inhalt berichtigt und gekürzt von Fa. Steidle:

Wie viele andere Firmen hat auch das Sigmaringer Bauunternehmen Steidle mit dem Nachwuchs an Fachkräften zu kämpfen. Deswegen holt sich das Unternehmen nun geeignetes Personal als Auszubildende aus dem Ausland. Neun Inder lernt Steidle in seinem Betrieb aktuell an. Der Deal scheint sich für beide Seiten auszuzahlen.

Für Waseem, Luvdeep und Vamshi bietet Deutschland vor allem die Möglichkeit, deutlich besser zu verdienen als in ihrer Heimat. Ein gehobener Facharbeiter verdient dort umgerechnet etwa 300 Euro pro Monat. Das entspricht nicht einmal einem Drittel eines deutschen Ausbildungsgehalts. Dennoch ist der Schritt nach Deutschland für die Inder auch mit einem erheblichen finanziellen Risiko verbunden. Zwischen 4000 und 6000 Euro haben sie für den Traum Deutschland ausgegeben. Das Geld für den Flug, Sprachkurs und vor allem die Vermittlung an eine deutsche Firma haben sie zum Teil auch von ihren Eltern erhalten.

Dennoch sind die drei froh, sich für die Vermittlungsagentur, mit der Steidle zusammen arbeitet, entschieden zu haben. „In Indien ist es schwierig, eine Agentur zu finden, die seriös ist“, sagt der Firmenchef. Das kann Vamshi bestätigen. Er berichtet von Bekannten, die durch eine Agentur nach Abu Dhabi, Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate, vermittelt wurden. Bei der Ankunft wurden ihnen die Pässe abgenommen. Unter den Agenturen gebe es definitiv einige Menschenhändler, so Steidle. Das treffe auf die Agentur, mit der seine Firma zusammenarbeite, aber nicht zu. Davon habe sich Steidle auch bereits vor Ort überzeugt. Den Kontakt zu ihr hat sein Sohn Konstantin hergestellt. Er war vor einem Jahr im Rahmen eines Praktikums in Indien und hat dort direkt Kontakte geknüpft.

Damit die Inder, die in Deutschland arbeiten wollen, die Chance erhalten, müssen sie der Agentur eine Reihe von Qualifikationen vorlegen und in Indien unter anderem einen fortgeschrittenen Deutsch-Sprachkurs absolvieren. Dennoch haben Waseem, Luvdeep und Vamshi in Sigmaringen immer wieder Probleme mit dem Gesprochenen. Das ist aber hauptsächlich auf den schwäbischen Dialekt zurückzuführen. Außerdem fremdeln die drei noch ein wenig mit dem Essen. Vamshi gibt beispielsweise zu, den indischen Reis zu vermissen. Waseem wiederum hadert noch mit dem Verhalten der Sigmaringer: „Die Menschen hier sind nicht so offen“, sagt er. Dennoch sind alle drei von der neuen Stadt begeistert. Waseem bezeichnet Sigmaringen sogar als die schönste Stadt, in der er je war.

Hans Steidle dürfte das gerne hören, schließlich hängt für den Firmenchef viel davon ab, dass das Experiment mit dem Anwerben ausländischer Azubis gelingt. Und tatsächlich gebe es nach den ersten drei Monaten bereits erste Anzeichen, dass die indischen Azubis eine Bereicherung für Steidles Firma darstellen. „Die Tendenzen sind gut“, bestätigt Steidle. Das war keinesfalls sicher, schließlich hat Steidle das Experiment schon einmal gewagt. Doch zwei angeworbene Usbeken kamen überhaupt nicht mit der Berufsschule klar. Der Vertrag mit ihnen musste aufgelöst werden, berichtet Sabine Grom. Sie kümmert sich unter anderem um die Betreuung der ausländischen Azubis.

Damit die Inder in Sigmaringen nicht direkt auf Wohnungssuche gehen müssen, hat Steidle eine Mitarbeiterunterkunft auf dem Firmengelände in Sigmaringen errichtet. Der aus umgebauten Garagen entstandene Wohnraum bietet Platz für zwölf Auszubildende. Der Bauausschuss der Stadt Sigmaringen hat dem Bauantrag im Dezember das Einvernehmen erteilt.



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